Das soziale Umfeld sollte »stumme Signale« von Selbstmord-Gefährdeten ernst nehmen, fordern Suizidforscher.
Aus: Gehirn&Geist, Juni 2010
Bis zu 90 Prozent aller Selbstmörder leiden vor ihrer Tat an einer Depression. Insgesamt erhöhen fast alle psychischen Störungen, auch Angsterkrankungen oder Alkoholismus, das Risiko für einen Suizid um das bis zu 20-Fache. Das berichtet die Psychiaterin Barbara Schneider von der Frankfurter Goethe-Universität in der aktuellen Ausgabe von "Gehirn&Geist" (Heft 6/2010).
Seelische Erkrankungen gehören damit zu den größten Risikofaktoren für Selbsttötungen. Darunter verstehen Forscher alle Lebensumstände, die statistisch gesehen die Wahrscheinlichkeit eines Suizids erhöhen – etwa Schicksalsschläge wie der Verlust nahestehender Personen, finanzielle Nöte oder traumatische Erlebnisse.
Einen Selbstmord sicher vorherzusagen, sei dennoch unmöglich, so Schneider. "Letztlich führt immer eine sehr persönliche Kombination von Gründen zum Suizid." Es gebe jedoch Anzeichen, die eine akute Gefahr anzeigen: Die Betroffenen schildern ihre Situation beispielsweise als völlig hoffnungslos, ihre Gedanken kreisen nur noch um das belastende Thema. Häufig geben sie gewohnte Aktivitäten auf und vermeiden Kontakt zu Freunden und Angehörigen.
Diese "stummen Signale" müsse das Umfeld unbedingt ernst nehmen, mahnt die Psychiaterin. Das gelte auch für jede Ankündigung eines Suizids. Wichtig sei, dass Verwandte oder Freunde ihre Unterstützung zusichern und darauf einwirken, dass die Betroffenen sich möglichst schnell in professionelle Behandlung begeben.
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