Aus: Gehirn&Geist, Mai 2008
Amerikanische Psychiater setzen LSD, Ecstasy und „Zauberpilze“ zu therapeutischen Zwecken ein – um etwa die Behandlung von Angst- und Zwangsstörungen zu unterstützen.
Psychiater testen derzeit in den USA, ob halluzinogene Substanzen psychische Erkrankungen lindern oder gar heilen können – mit erstaunlichem Erfolg, wie die neueste Ausgabe von Gehirn&Geist (5/2008) berichtet.
In den Pilotstudien wird vor allem die womöglich positive Wirkung von LSD, Psilocybin, Ecstasy und Ketamin bei Alkoholabhängigkeit, chronischer Depression oder Zwangsstörungen überprüft. Entscheidend ist hier der psycholytische („den Geist lösende“) Effekt der Halluzinogene: Sie sollen helfen, bei seelisch Kranken verborgene oder unbewusste Persönlichkeitsanteile aufzudecken, spirituelle Erfahrungen zu vermitteln oder ein „mystisches Schockerlebnis“ auszulösen.
Dass Ketamin Depressionssymptome schon nach wenigen Stunden mildern kann, zeigte bereits 2006 Carlos Zarate vom National Institute of Mental Health in Bethesda (Maryland). Auch der russische Psychiater Evgeny Krupitsky veröffentlichte ermutigende Ergebnisse über die Behandlung von Heroinsüchtigen und Alkoholabhängigen mit Ketamin: Nicht nur die Rückfallquote sank erheblich, auch schienen die (Ex-)Trinker in ihrer Persönlichkeit gestärkt worden zu sein, wie Krupitsky anhand eines etablierten Tests, dem Minnesota Multiphasic Personality Inventory, aufzeigte.
Ebenfalls 2006 beobachtete der Psychiater Francisco Moreno von der University of Arizona in Tucson, dass Psilocybin die Symptome von neun Patienten mit Zwangsstörungen schneller milderte als herkömmliche Medikamente. Eine kontrollierte Studie steht hier noch aus.
In einem noch nicht abgeschlossenen Forschungsprojekt untersucht Michael Mithoefer (Charleston, US-Bundesstaat South Carolina) die Wirkung von Ecstasy auf Opfer von Gewaltverbrechen, die an posttraumatischen Beschwerden leiden. Und seit Ende 2007 läuft in der Schweiz eine Pilotstudie zur LSD-gestützten Therapie von Angstpatienten.
Falk Kiefer, Suchtforscher am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, bezweifelt allerdings, dass eine drogeninduzierte Fehlfunktion des Gehirns tatsächlich zu therapeutisch bedeutsamen Erkenntnissen führt. Die Behandlung mit Halluzinogenen gleiche ihm zufolge eher einem „pharmakologischen Hammer“. In Deutschland laufen derzeit keine Studien, die das therapeutische Potenzial halluzinogener Drogen prüfen.