Hannover (apothekerkammer) - In Deutschland nimmt jeder dritte gesetzlich versicherte Rentner vier oder mehr unterschiedliche rezeptpflichtige Arzneimittel ein. Ältere Patienten haben jedoch häufig Probleme beim Öffnen der Medikamentenpackung. Oftmals werden Freunde oder Verwandte um Hilfe gebeten, gleich einen ganzen Vorrat der Arzneimittel auszupacken. Doch Vorsicht: "Manche Tabletten vertragen die Luftfeuchtigkeit nicht oder sind sehr lichtempfindlich", erklärt die Apothekerkammer Niedersachsen. Bei mehreren ähnlich aussehenden Tabletten besteht nach dem Ausblistern Verwechslungsgefahr. Deshalb sollten die Arzneimittel in Dosierboxen gegeben werden, wenn sie nach dem Auspacken nicht sofort eingenommen werden. Wer aufgrund von kraftlosen Händen oder schmerzenden Fingerspitzen die Tabletten nicht aus der Verpackung nehmen oder ein Fläschchen nicht öffnen kann, sollte dies dem Apotheker mitteilen. Dieser kann Hilfsmittel anbieten, die es Patienten vereinfachen, ihre Arzneimittel einzunehmen. Und auch bei Schluckproblemen kann der Apotheker den Patienten zahlreiche Tipps geben. Die Apothekerkammer Niedersachsen nennt im Folgenden sieben Tricks gegen die häufigsten Einnahmeprobleme:
1. Die Tablette ist zu groß
Niemals sollten Tabletten einfach geteilt werden. Eine Einkerbung auf der Tablette kann eine sogenannte Schmuckrille sein. Wird eine nicht-teilbare Tablette geteilt, verändert sich die Freisetzung des Wirkstoffes, was zu mehr Nebenwirkungen, Wirkungsverlust oder auch zu Überdosierungen führen kann. Hier weiß der Apotheker Rat. Er kann mithilfe seiner Datenbank erkennen, ob eine Tablette teilbar ist oder nicht und auch prüfen, ob kleinere Tabletten zur Verfügung stehen.
2. Kapseln und Tabletten bleiben "im Halse stecken"
Kapseln und Tabletten sind in ihrer Beschaffenheit sehr unterschiedlich. Die Einnahme variiert daher auch. Eine Kapsel sollte man in den Mund nehmen, einen Schluck Leitungswasser dazu, den Kopf nach vorne neigen und vorsichtig schlucken. Bei einer Tablette ist die Vorgehensweise eine andere: Man nimmt einen Schluck Wasser und neigt den Kopf langsam nach hinten. Die Tablette sollte dabei nicht auf die Zunge gelegt werden. Die häufig praktizierte ruckartige Bewegung mit dem Kopf nach hinten ist ebenfalls nicht zu empfehlen. Feste Arzneiformen mit einem breiigen Lebensmittel einzunehmen, kann bei Schluckproblemen hilfreich sein. Apfelmus eignet sich besser als Joghurt oder Quark, da Milchprodukte die Wirkung der Arzneistoffe beeinflussen können. Helfen auch diese Tricks nicht weiter, muss mit dem Arzt oder Apotheker besprochen werden, ob sich auch Alternativen wie Tropfen, Brausetabletten oder ein Arzneisaft anbieten.
3. Das Arzneimittel löst sich bereits in der Speiseröhre auf
Arzneimittel, insbesondere feste Formen, sollten nicht im Liegen eingenommen werden. Auch wenn es im Krankheitsfall schwerfällt, ist es besser, sich aufzurichten und das Medikament im Sitzen einzunehmen. Bei manchen Arzneimitteln ist es sogar zwingend notwendig, dass sie im Stehen eingenommen werden, zum Beispiel bei dem Wirkstoff Alendronsäure gegen Osteoporose. Nach der Einnahme mit reichlich Flüssigkeit sollte man noch einen Augenblick aufrecht bleiben, damit das Medikament auch sicher den Magen erreicht und nicht auf halbem Wege in der Speiseröhre verbleibt.
4. Das Arzneimittel schmeckt unangenehm
Optimale Flüssigkeit zur Einnahme von Medikamenten ist Leitungswasser. Tee, Kaffee, Milch und kohlensäurehaltige Getränke können im Einzelfall Wechselwirkungen mit Arzneimitteln eingehen, die eine ausreichende Wirksamkeit gefährden. Bei sehr schlechtem Geschmack sollten Patienten besonders viel Wasser nachtrinken. Sind Tropfen zu bitter, können diese mit etwas Zucker gesüßt werden. Doch das ist nicht immer sinnvoll. Manchmal sind Bitterstoffe ein Teil der Therapie, sie beeinflussen zum Beispiel die Verdauung. Wer etwas gegen den bitteren Geschmack tun möchte, sollte nach der Einnahme etwas Angenehmes zu sich nehmen.
5. Mehrere Arzneimittel sind einzunehmen
Einnahmeprobleme ergeben sich oft auch aus der Vielzahl der zeitgleich eingenommenen Tabletten und Kapseln. Daher sollte unbedingt auch jede Tablette oder Kapsel einzeln geschluckt werden. So ist auch die ausreichende Menge Flüssigkeit gesichert, die die Tabletten für ihre Wirksamkeit benötigen. Vielfach dürfen Arzneimittel auch nicht zeitgleich eingenommen werden. Die Beachtung der Hinweise, ob ein Arzneimittel vor oder nach dem Essen einzunehmen ist, verbessert oft nicht nur die Wirksamkeit, sondern auch die Verträglichkeit.
6. Kautabletten und Lutschpastillen kleben an den "Dritten"
Hochdosierte Mineralstoffe werden häufig in Form von Kautabletten angeboten. Sie sind zuweilen recht hart und lassen sich schwer kauen, zudem kleben sie manchmal recht hartnäckig an der Zahnprothese. Hier kann die Auswahl anderer Arzneiformen Hilfe bringen. Bei Lutschpastillen kann durch gezielte Produktauswahl und die richtige "Technik" unangenehmes Kleben umgangen werden.
7. Arzneimittel reizt die Schleimhäute
Alkoholhaltige Tropfen reizen die Mundschleimhaut. Hier kann häufig durch Verdünnung mit Wasser oder Einnahme mit Zucker oder auf Brot abgeholfen werden, im Einzelfall gibt der Apotheker dazu gerne Auskunft. Auch die Anwendung von Sprays oder Pulverinhalatoren gegen Atemwegserkrankungen kann Reizungen im Rachen verursachen. Nach jeder Anwendung etwas zu trinken spült Wirkstoffreste von der Schleimhaut ab und hilft Nebenwirkungen wie zum Beispiel Mundsoor zu vermeiden.
Der Apothekerkammer Niedersachsen gehören rund 7.000 Mitglieder an. Der Apotheker ist ein fachlich unabhängiger Heilberufler. Der Gesetzgeber hat den selbstständigen Apothekern die sichere und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln übertragen. Der Beruf erfordert ein vierjähriges Pharmaziestudium an einer Universität und ein praktisches Jahr. Dabei erwirbt der Studierende Kenntnisse in pharmazeutischer Chemie und Biologie, Technologie, Pharmakologie und Toxikologie. Nach drei Staatsexamina erhält er eine Approbation. Nur mit dieser staatlichen Zulassung kann er eine öffentliche Apotheke führen. Der Apotheker fertigt individuelle Rezepturen an, erklärt die korrekte Einnahme von Medikamenten, warnt vor Wechselwirkungen und garantiert diese Versorgung auch im Nacht- und Notdienst.