Viele unterschätzen die Gefahren von Lifestyle-Präparaten aus dem Internet

Auch Tollkirschen und Fliegenpilze sind natürlich…“

Frankfurt am Main (apothekerkammer) – Der Wunsch, Kondition, Befinden und Aussehen zu verbessern, ist so alt wie die Menschheit selbst. In der Vergangenheit waren es geheimnisvolle Rezepturen wie Theriak, seltene Gewürze, Schminke aus giftigen Schwermetallen und gepulvertem Einhorn oder spanische Fliegen. Diese Zeiten sind vorbei. Der Mensch kann eigentlich auf sichere Arzneimittel zurückgreifen, um sich selbst zu optimieren. Doch Quacksalber und Scharlatane erscheinen nun im Gewand von günstigen und anonymen Online-Anbietern. „Happy Pills, Potenzmittel, Schlankheitskuren: die Bandbreite ist immens, ebenso wie der Abverkauf. Im Prinzip nehmen hier gesunde Menschen ohne ärztliche Aufsicht Arzneimittel ein, die ihnen schaden können“, warnt Erika Fink, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen.

Der Umsatz mit Lifestyle-Präparaten aus dem Internet steigt jedes Jahr. Mittel zur Stimmungsaufhellung, Potenzmittel, Schlankheitsmittel, Mittel gegen Haarausfall und Antifaltenprodukte führen die Liste an. In vielen Fällen werden die Mittel vom Verbraucher in vermeintlichen Internetapotheken unter Umgehung der Rezeptpflicht gekauft. Dabei enthalten die Präparate oft Wirkstoffe, die nicht deklariert werden, da sonst die Rezeptpflichtigkeit leicht nachzuverfolgen wäre – und mit ihr auch die Nebenwirkungen. Oder die Produkte werden als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Das gibt ihnen einen harmlosen Anstrich.

In den Präparaten sind meist Vitamine, Mineral- oder Eiweißstoffe, isolierte Aminosäuren und Koffein oder Guarana enthalten, die in der Regel keine Schäden verursachen. Insbesondere bei den leistungssteigernden Präparaten und Schlankheitsmitteln handelt es sich aber um Substanzen, die zu Abhängigkeit und totaler Erschöpfung mit Kreislaufversagen führen können. Die sogenannten Happy Pills, die stark wirksame Antidepressiva und andere Psychopharmaka enthalten, können im schlimmsten Fall Nervenschäden und Persönlichkeitsveränderungen bewirken. Anti-Aging-Präparate und Dopingmittel basieren vielfach auf Hormonen. Hier ist zum Beispiel das Krebsrisiko bei Langzeitanwendungen nicht erforscht.

Ewig unterschätzt werden vor allem die pflanzlichen Mittel. Immer wieder werden obskure Pflanzenextrakte mit wundersamen Wirkungen angeboten. „Viele glauben, dass Pflanzliches nicht schlecht sein kann, doch auch Tollkirschen und Fliegenpilze sind natürlich. Vor pflanzlichen Mitteln mit außergewöhnlichen Extrakten kann man also nur warnen“, so Erika Fink.

Grundsätzlich gilt, dass sogenannte Lifestyle-Arzneimittel einen Gewinn an Lebensqualität darstellen können, wenn sie in Maßen und mit Verstand eingesetzt werden. Das schließt aber immer die Beratung durch einen Arzt und einen Apotheker mit ein. Wer doch ein Produkt im Internet kauft, sollte darauf achten, dass es sich um eine zertifizierte Internetapotheke handelt. Dies erkennt man am DIMDI-Siegel auf der Website und daran, dass im Impressum eine real existierende Vor-Ort-Apotheke genannt wird. Weiterhin werden keine rezeptpflichtigen Arzneimittel ohne Rezept verkauft. „Wer auf all diese Ratschläge nicht hört und aufgrund selbst diagnostizierter Erkrankungen dubiose Arzneimittel bestellt, der sollte zumindest den Mumm haben, sich an seinen Arzt oder Apotheker zu wenden, wenn die Wirkung ungewöhnlich schnell einsetzt (dann sind auf jeden Fall rezeptpflichtige Wirkstoffe angewendet worden) oder sich Nebenwirkungen bemerkbar machen. Nur so kann die Gesundheit vielleicht noch gerettet werden“, mahnt Erika Fink.

Der Landesapothekerkammer Hessen gehören rund 5.800 Apothekerinnen und Apotheker an. Der Heilberuf des Apothekers unterliegt einem gesetzlichen Auftrag. Zu den Aufgaben der Landesapothekerkammer gehören die Förderung der Fort- und Weiterbildung und die Überwachung der Einhaltung der Berufspflichten durch ihre Mitglieder. Die Landesapothekerkammer stellt ebenso eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung in ganz Hessen mit Medikamenten sicher.