Aus: Gehirn&Geist, November 2008
»Lachen ist gesund«, weiß der Volksmund. Mediziner taten sich jedoch lange schwer, diese heilsame Wirkung wissenschaftlich nachweisen. Zwar ähneln die körperlichen Effekte der Erheiterung denen sportlicher Aktivität: die Muskeln kontrahieren, das Herz schlägt schneller, der Sauerstoffumsatz steigt. Doch hält dies meist zu kurz an, um nachhaltig zu wirken. Wie Forscher vermuten, stärkt Humor weniger den Körper als die seelischen Abwehrkräfte. Das berichtet die neue Ausgabe des Magazins Gehirn&Geist (11/2008).
Der Psychologe Willibald Ruch von der Universität Zürich entwickelte einen Persönlichkeitsfragenbogen, mit dessen Hilfe sich die individuelle Humorneigung von Menschen bestimmen lässt. Wie ein Online-Test mit mehr als 2500 Teilnehmern ergab, steigt mit dem Heiterkeitsindex statistisch gesehen auch die Lebenszufriedenheit: Wer viel Sinn für Humor hat, ist im Schnitt glücklicher. In weiteren Experimenten konnte der Forscher zudem zeigen, dass Humor die Schmerztoleranz fördert und Probanden eine triste Umgebung als weniger bedrückend erleben lässt.
Wie kommt es zu diesen Effekten – und kann man sie auch therapeutisch nutzen? Laut Michael Titze, Gründer von HumorCare e.V., helfen Pointen und Witze, Distanz aufzubauen: der gedankliche Dreh, auf dem Komik zumeist beruht, erleichtere die Neubewertung kritischer Situationen – sei es der Druck vom Chef, Versagensängste oder eingeschliffene Beziehungsmuster.
Therapeuten wie Irina Falkenberg von der Uniklinik in Aachen sehen im Humor eine hilfreiche Bewältigungsstrategie für den Umgang mit Angst und Stress im Alltag. »Humor ist eine seelische Ressource, ähnlich wie die Fähigkeiten, Genuss zu empfinden oder entspannen zu können«, sagt die Psychiaterin, die depressiven Patienten in speziellen Sitzungen dabei hilft, ihren eigenen Witz wiederzuentdecken. Zwar heile Lachen allein keine handfeste psychische Störung wie etwa eine Depression. Die Welt von ihrer komischen Seite zu sehen, nehme vielen Situationen aber das Bedrohliche.
In einer Pilotstudie von 2008 stellte des Basler Mediziner Marc Walter ebenfalls einen lindernden Effekt von Humortherapie bei (leicht bis mittel) depressiven Menschen fest: Nach einer mehrwöchigen Humortherapie waren die befragten Patienten insgesamt zufriedener als solche, die nur eine Standardtherapie absolviert hatten. Zudem half ihnen die gemeinsame Spaßsitzungen, sich in der Therapie zu öffnen. So beweisen Witz und Humor ihre Qualitäten als »soziales Schmiermittel«: Lachen ist, wie schon Charlie Chaplin sagte, eben der kürzeste Weg zwischen den Menschen.
Gehirn&Geist ist das Magazin für Psychologie und Hirnforschung aus dem Verlag Spektrum der Wissenschaft. Heft 11/2008 erscheint am 21. Oktober.